Verhilft uns Selleriesaft zu unendlicher Gesundheit und Schönheit?

Staudensellerie verliert sein Schattendasein und ist nun hip und cool in Form von Selleriesaft. Denn Selleriesaft gilt als das absolute Trendgetränk, Superfood und Heilmittel der Influencer und Blogger. Sellerie verfügt über eine Vielzahl an wertvollen Inhaltsstoffen, wie Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien sowie sekundären Pflanzenstoffen. Darüber hinaus weist Sellerie einen hohen Wasseranteil auf, ist sehr kalorienarm und gehört zu den basischsten Lebensmitteln überhaupt. Selleriesaft wird beworben als Wunderwaffe gegenüber Krankheiten und sogar als Heilmittel von Krebs. Was ist dran an diesen Hypothesen? Besitzt Selleriesaft tatsächlich so ein allmächtiges Potential oder stecken da lediglich gute Marketing- Strategien dahinter?

Woher kommt dieser Selleriesaft-Wahn eigentlich? Begründet ist dieser Hype auf dem US-Guru Anthony William, der sich selbst als medizinisches Medium betrachtet und dem Sellerie zu Coolness verhalf. Williams empfiehlt täglich auf nüchternen Magen 470-500ml Selleriesaft zu trinken. Zum Frühstück sollte anschließend eine Pause von 15-20 Minuten dazwischen liegen. Den Selleriesaft gewinnt man am besten mit Hilfe eines leistungsfähigen Entsafters. Der gewonnene Saft sollte weder mit Wasser verdünnt noch mit anderen Gemüse- oder Obstsorten gemischt werden sowie direkt nach dem Entsaften verzehrt werden. Lediglich zur Eingewöhnung sind andere Gemüse- oder Obstsorten erlaubt oder auch eine geringere Menge.

Was spricht für oder gegen das Trinken von Selleriesaft? Das schauen wir uns nun genauer an.

Die gesundheitsförderlichen Effekte des Selleriesaft Hypes:

  1. Magenschonende Wirkung: Die im Sellerie enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe neutralisieren die Magensäure, weshalb jeder von Selleriesaft profitieren kann. Auf diese Weise kann Sellerie unsere Verdauungsorgane vor der ätzenden Magensäure schützen. Diesen Effekt bewirken allerdings auch andere Lebensmittel, wie z.B. Bananen und Nüsse.
  2. Entwässernde Wirkung: Der Mineralstoff Kalium und die im Sellerie enthaltenen Terpene, die für Geruch und Geschmack verantwortlich sind, verursachen aufgrund der Bildung von bestimmten Enzymen eine antibakterielle Wirkung im Darm. Auf diesem Wege werden Wassereinlagerungen im Körper reduziert. Dies kann sich positiv auf eine Gewichtsreduktion auswirken. Der hohe Wasseranteil im Sellerie und die Trinkmenge des Saftes können diesen Prozess zusätzlich unterstützen.
  3. Strahlender Hautteint: Das Vitamin C im Sellerie kurbelt die Produktion der Kollagenbildung an und kann dadurch zu einem verjüngenden Hautbild beitragen. Die enthaltenen Antioxidantien schützen zudem die Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen. Der hohe Wasseranteil im Sellerie sowie die morgendliche Trinkmenge von bis zu 500 ml trägt außerdem zu einem hohen Feuchtigkeitsgehalt der Haut bei. Des Weiteren soll Sellerie ein Heilmittel gegen Akne sein, dessen Wirkung allerdings umstritten ist.
  4. Entschlackende Wirkung: Durch die entschlackende Wirkung des Selleries können Schadstoffe, wie Harnsäure besser aus dem Körper befördert werden. Dies kann sich als besonders positiv auf die Beschwerden von Menschen mit Gicht auswirken.
  5. Entzündungshemmende Wirkung: Sellerie besitzt hohe entzündungshemmende Eigenschaften und kann dadurch Gelenkbeschwerden, wie Rheuma oder sonstige entzündliche Krankheiten positiv beeinflussen.
  6. Blutdrucksenkende Wirkung: Sekundäre Pflanzenstoffe im Sellerie führen zu einer natürlich blutdrucksenkenden Wirkung. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Menschen, die unter Bluthochdruck leiden ihre Medikamente absetzen oder selbst niedriger dosieren können – dies sollte einzig und allein ein Arzt vornehmen.

Das positive an Sellerie ist außerdem, dass dieser fast das gesamte Jahr über Saison hat und wir diesen von Mai bis November aus heimischem Gebiet kaufen können.

Die Kehrseite des Selleriesaft Hypes:

  1. Der hohe Gehalt an Pestiziden: Aktuellen Untersuchungen zufolge stellt Sellerie eines der am meisten belasteten Gemüsesorten mit Pestiziden dar. Ein hoher Verzehr von Pestiziden geht nachweislich mit gesundheitlichen Auswirkungen auf unser Nervensystem oder Hautreizungen vor und kann schlimmstenfalls sogar Krebs verursachen. Worauf solltet ihr achten, um dies zu vermeiden? Kauft Sellerie immer frisch und verarbeitet diesen auch sofort, wascht diesen zudem sehr, sehr gut. Noch besser wäre es diesen in Bio-Qualität zu kaufen – dann geht ihr auf Nummer sicher. Falls dies finanziell bei euch nicht möglich ist und ihr trotz allem von den vielen, positiven Eigenschaften profitieren wollt, dann haltet Euch an den Tipp der Frische und gründlichen Reinigung.
  2. Hohes Allergiepotential: Sellerie besitzt ein hohes allergieauslösendes Potential und führt zu unterschiedlichsten Reaktionen von Magen-Darm-Beschwerden, Hautausschlägen, Schwellungen, Atembeschwerden bis hin zu einem allergischen Schock. Besonders aufpassen müssen Menschen aufgrund von Kreuzreaktionen mit einer Birke und Beifuß-Allergie oder Menschen, die sehr empfindlich auf Naturlatex reagieren.
  3. Vorsicht während der Schwangerschaft: Sellerie kann in höherer Menge die Gebärmutter reizen und infolgedessen Wehen auslösen und im schlimmsten Fall zu einer Fehlgeburt führen. Solltest du ohnehin zu vorzeitigen Wehen neigen, dann solltest du Sellerie lieber meiden vor allem als puren Saft in höherer Menge.
  4. Die enthaltenen Furocumarinen: Furocumarine gehören zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffen. Das kritische an Furocumarine stellt die Tatsache dar, dass diese phototoxisch in unserem Körper wirken. Was verstehe ich darunter? Dies bedeutet, dass eine normal empfindliche Haut bereits nach kurzem Sonnenkontakt sonnenbrandähnliche Symptome aufweist, die eine ziemlich lange Zeit anhalten können. Die von Anthony Williams empfohlene tägliche Zufuhr überschreitet auf jeden Fall die Menge, die täglich zugeführt werden sollte, um die Phototoxizität von Sellerie einzudämmen – diese liegt nämlich bei max. 450g.
  5. Vorsicht bei Nierenerkrankungen: Wer unter Nierenerkrankungen leidet, sollte aufgrund der entwässernden Wirkung von Selleriesaft aufpassen und dies vorher mit einem Arzt besprechen.
  6. Achtung bei niedrigem Blutdruck: Menschen, die zu niedrigem Blutdruck neigen, sollten vorsichtig sein bei dem Verzehr von Selleriesaft, da dieser angesichts seiner Fähigkeit den Blutdruck zu senken, diesen auch zu sehr senken könnte. Das Resultat sind Kreislaufbeschwerden bis hin zur Ohnmacht.
  7. Unerwünschten Nebenwirkungen: Da Selleriesaft die Verdauung ankurbelt, führt dieser vor allem bei empfindlichen Menschen zu Nebenwirkungen, wie Durchfall und Blähungen.
  8. Vorsicht bei bestehenden Herzerkrankungen: Menschen, die unter Herzerkrankungen leiden – Bluthochdruck ausgeschlossen – sollten aufpassen bei dem Verzehr von Selleriesaft, da Sellerie das kaliumreichste Lebensmittel darstellt und ein zu hoher Kaliumspiegel im Blut bei einer Vorgeschichte mit koronaren Herzkrankheiten kritisch sein kann.
  9. Unzureichende Ausschöpfung an Ballaststoffen: Durch das Entsaften gehen Ballaststoffe verloren, die für die Darmgesundheit und Sättigung sehr wertvoll sind. Dadurch ist Selleriesaft nicht zwangsläufig gesünder als andere Säfte und vor allem auch nicht im Vergleich zu Staudensellerie als Rohkost, da wir auf diese Weise auch die wichtigen Ballaststoffe zu uns nehmen.
  10. Fehlende Studienlage: Es existieren keine wissenschaftlichen Studien dazu, dass Selleriesaft eine krebsheilende Wirkung besitzt. Auch liegt keine Datenlage vor, die die Hypothese „Selleriesaft als universelles Heilmittel“ unterschreiben würde.

Fazit: Sellerie ist ein äußerst gesundes Gemüse, welches viele positive Auswirkungen auf unseren Körper haben kann – aber es ist kein Allheilmittel. Sellerie in Form von Selleriesaft kann wichtige Beiträge zu einer gesunden Ernährungsweise liefern und sollte bei nicht Vorliegen von Kontraindikationen in diese integriert werden, aber man darf kein Hexenwerk erwarten. Vor allem unter der Berücksichtigung, dass keine wissenschaftlichen Belege vorliegen. Grundsätzlich pflegen Menschen, die morgens Selleriesaft trinken insgesamt einen gesünderen Lebensstil und ernähren sich für gewöhnlich um einiges gesünder, wodurch die positiven Effekte z.B. auf das Hautbild oder das Körpergewicht nicht ausschließlich auf den Selleriesaft zurückzuführen sind. Von daher sollte man kritisch sein und derartige Wellnesstrends hinterfragen. Wer sich neben dem täglichen Selleriesaft ungesund ernährt, profitiert von dessen Inhaltstoffen auch nur geringfügig. Im Allgemeinen ist es wichtiger sich ausgewogen mit einer Bandbreite an Lebensmitteln zu ernähren und nicht auf ein Lebensmittel mit einer Wunderwirkung zu hoffen!

2 Antworten auf „Verhilft uns Selleriesaft zu unendlicher Gesundheit und Schönheit?“

  1. Liebe Svenja,
    vielen Dank für deine interessanten Beiträge, toll!
    Eine kleine Anmerkung zum Selleriesaft: derjenige, der den Hyp veranlasst hat, heit Anthony William (ohne s).
    Liebe Grüße
    Carola
    Noch Frage zur Citronensäure: Ich meine gelesen zu haben, dass Zitronensäure (mit Z) nicht so schädlich ist. Stimmst du mir da zu?

    1. Hallo Carola,
      danke für deinen Kommentar und sorry für die verspätete Antwort.
      Danke für den Hinweis 🙂 und ja, Zitronensäure mit Z ist nicht so schädlich. Da stimme ich dir zu.

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